Kunstwerk des Monats

Reliquiennische

Das Wort Reliquie leitet sich vom lateinischen Wort „reliquiae“, auf Deutsch „Überrest“ oder „Überbleipsel“ ab.
Der Leichnam gilt dabei als Primärreliquie. Andere Reliquien sind zum Beispiel Kleidungstücke oder Gebrauchsgegenstände, sogenannte Sekundärreliquien.
Reliquien sind Teil der Heiligenverehrung und werden oft wie Edelsteine wahrgenommen. Sie sollen den Menschen die Berührung mit den Heiligen ermöglichen. Dieser Heilige ist häufig ein ganz konkrter Mensch, den in seinem Leben eine besondere Nähe zu Jesus Christus auszeichnete.

Ursprünglich befanden sich die Primärreliquien von Heiligen in Sarkophagen unter den Altären. So wurde der Zusammenhang zwischen der Hingabe Christi und ihrer Lebenshingabe bewusst gemacht. Die Tradition sah das so vor, denn bei der Kirchweihe wurde eine Reliquie des jeweiligen Patrons der Kirche in die Mensa des Altars eingefügt, im sogenannten Altarstein.
Das hier gezeigte kunstvoll geschmiedete Gitter wurde 1991 wiedergefunden, anschließend vom kevelaerer Goldschmied Herbert Cürvers restauriert und zuletzt an seinem ursprünglichen Platz angebracht. Es schützt die kleinen Reliquienkapseln, die auf rotem Samt befestigt sind.

Wolfgang Acht

Die drei Orgeln der Propsteikirche

Die Propsteikirche hat drei Orgeln. Schon Ende des 15. Jh. soll es eine Orgel über der Michaelskapelle gegeben haben, später gab es dann noch ein kleines Instrument in der Annenkapelle im nördlichen Turmraum.

Diese hier gezeigte Renaissance-Orgel wurde 1541 mit 19 Registern eingebaut. Bei der Großrenovierung im 19. Jh. entfernte man die Orgel, die Elemente gingen dabei leider verloren. Lediglich der Prospekt und die Frontbilder blieben erhalten. Der Prospekt ist heute über der Michaelskapelle zu sehen.

Im Einzelnen sieht man das Brustbild eines Mannes mit militärischem Gewand; in der Mittelkonsole drei Pferdköpfe mit Brüsten, eine Frau mit Spitzenhäubchen, eine mit Blütenhaube, einen bärtiger Mann mit Helm und einen mit Kohlblättern. Möglicherweise sind es Portraits von Fürsten, die sich besonders um die Kirchenreform bemüht haben. So findet sich ein Portrait des Habsburgers Karl V. mit dem typisch offenen Mund.

Hier zu sehen ist die Sonreck-Orgel aus dem Jahr 1875. Die Orgel, deren Prospekt über der Sakristei steht, umfasst 50 Register, ist allerdings nicht mehr spielbar.

Die Hauptorgel vor dem Turmbereich im Westen, die Albiez-Orgel, befindet sich seit dem 22. September 1979 vor dem Turmraum im Westen und umfasst 44 Register, durch die sie besonders auf französische Orgelmusik ausgerichtet ist. Immer wieder reizt diese große Orgel bekannte Organisten aus dem In- und Ausland, Konzerte zu geben.

 

Das Thomasbild im nördlichen Turmraum

 

 

Thomas wurde um 1380 in Kempen als Thomas Hemerken geboren und

starb am 25. Juli 1471 im Kloster Agnetenberg. Er ist als der Autor der

„Nachfolge Christi bekannt, dem Werk, das weltweit bis heute geschätzt

wird.

Dieses Thomasbild hat ein Kempener Maler, Helmut Langfeld, gemalt.

Er erstellte es für einen Wettbewerb „Kempener-Künstler-Christliche

Kunst“. Im Jahr 2000 schenkte er dieses Bild der Propsteikirche, wo es

im nördlichen Turmraum Platz fand.

Thomas von Kempen steht im Mittelpunkt. Er sitzt in einer weißen Kutte

eines Augustiner-Chorherrn an einem Schreibpult und seine Füße ruhen

auf einem Fußhocker. Das dürfte wohl die Grundstellung schreibender

Mönche in den Skriptorien der Klöster gewesen sein. Sie fertigten dort

kostbare Abschriften der Heiligen Schrift an, die heute noch

Bewunderung auslösen. Auf dem Pult steht ein Tintenfass mit weiteren

Federn, damit der Schreiber nach Abnutzung der Schreibfeder weitere

zur Verfügung hat. Auf dem Pult liegen eine Schriftrolle und ein Buch,

das wohl auf heilige Schriften verweist, die er für sein Werk nutzte und

meditierte.

Mit dem Bild wollte der Künstler hier mehr ausdrücken. Ein kreuzarmiger

Baum bestimmt die Szene mit großen Wurzeln, die sogar über den

Schoß des Schreibers hin hochwachsen. Er weist mit dem eindeutig

erkennbaren Kreuz auf den „Lebensbaum“ Christus hin. Der wird

gespeist aus einem Mund, wohl ein Hinweis auf Jesse, den Vater

Davids, aus dessen Stamm der Messias hervorgegangen ist. Eine

andere Quelle speist sich aus einem Krug, der auf das Wort Jesu zur

Frau am Jakobbrunnen hinweist: „Wer von dem Wasser trinkt, das ich

ihm geben, wird niemals mehr Durst haben“ (Joh 4, 13b). Vier weiße

Blüten und vier orange Früchte am Lebensbaum weisen auf die vier

Kapitel der „Nachfolge Christi“ hin. Sie ist bis heute für viele eine Quelle

persönlicher Meditation.

Die Kirche links dürfte St. Mariae Geburt in Kempen, seine Heimatkirche

darstellen. Sie ist nach dem Vorbild des ältesten Stadtsiegels

gezeichnet. Rechst dürfte an die Klosterkirche in Agnetenberg gedacht

sein, im dem Thomas 72 Jahre lebte. Der Mönch vor dem Kloster soll

wohl auf seinen Bruder hinweisen, der dort Prior war.

 

Wolfgang Acht

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