November 2016 - Romanischer Taufstein
Das älteste Kunstwerk in der Propsteikirche ist das aus Namurer Blaustein geschaffene Taufbecken, das einzig erhaltene Zeugnis des frühen Gotteshauses in romanischem Baustil (13. Jh.).
Das romanische Becken ruhte wohl früher auf fünf Säulen, wie es an den Stümpfen unter dem Becken zu erkennen ist. Um das Becken läuft ein Fries mit bartlosen menschlichen Köpfen. Dazwischen sind zwei Felder mit einem Löwenpaar zu sehen, das nur einen Kopf hat. In den anderen Feldern ist ein einzelner Löwe und ein Drache mit geringeltem Schwanz zu erkennen. Eine Deutung könnte sein: Die Kräfte des Bösen werden durch die Kräfte des Guten überwunden. Wer mit Christus in der Taufe "stirbt", unterliegt nicht mehr des Macht der Sünde und des Todes (Drachen), sondern wird durch Christus Auferstehung erlangen (vgl. Röm. 6,3ff). Es könnte ebenso der Bezug zur Erzählung aus dem Buch Daniel hergestellt werden. Daniel wurde in die Löwengrube geworfen, aber konnte durch die Gottes Beistand diese heil verlassen (vgl. Da. 6,2 -29).
Quelle:Kirchen in der Thomasstadt Kempen - Kath. Kirchengemeinde St. Mariae Geburt, Kempen
Die hier gezeigten und gedeuteten Bilder, sind im Annenaltar zu finden. Sie befinden sich unterhalb der großen Schnitzbilder, die sich an eine legendäre Lebensbeschreibung der Mutter Mariens, der heiligen Anna ausrichten. Der Altar steht seit 500 Jahren in der Kirche. Er wurde 1513 von der Annenbruderschaft bei dem bekannten Maler und Schnitzer Adriaen van Overbeck von Antwerpen in Auftrag gegeben. Wie wertvoll die Arbeiten sind, lässt sich daran sehen, dass die Bruderschaft dafür 300 Goldgulden zahlte, eine beträchtliche Summe für die damalige Zeit. August 1514 wurde das große Werk in der Annenkapelle, der linken unteren Turmkapellen aufgestellt. Bei einer der großen Renovierung der Kirche um 1860, wurde er dann in den Chorraum gesetzt, wo er seitdem als Hochaltar der Kirche fungiert.
Die drei hier gezeigten und gedeuteten Bilder befinden sich in unteren Teil und wollen auf die Menschwerdung Gottes in Jesus hinweisen. Sie wollen bezeugen, dass in ihm Gott in menschlichem Antlitz erschienen ist. Deshalb bleiben die Bilder auch sichtbar, wenn der obere Teil des Altars in der Advents- und Fastenzeit geschlossen und das Bild vom Endgericht sichtbar wird. Dadurch soll verdeutlicht werden, dass Christus am Ende des Lebens von jedem Menschen Rechenschaft für die Antwort auf sein Entgegenkommen fordert.
Die Geburt des Herrn (nach Lukas 2, 1 - 29)
Dass es sich hier nicht um eine alltägliche Geburt eines Kindes handelt, wird schon am Engel deutlich, der hinter der Krippe kniet, ebenso an der ehrfürchtigen Haltung Mariens, die neben ihrem Kind kniet und ehrfürchtig ihre Arme überkreuzt vor der Brust hält. Josef, etwas verdeckt, stützt sich auf einen Stock und hält einer Kerze in der Hand. Diese weist darauf hin, dass dieses Kind ein Licht ist, das die Heiden erleuchtet, wie es bei Lukas heißt (2, 32).
Oberhalb sieht man tanzende und musizierende Hirten. Sie freuen sich darüber, dass sie in diesem Kind alles gefunden haben, was ihnen der Engel auf dem Feld verkündete: „Ich verkünde euch große Freude…heute ist euch der Retter geboren in der Stadt Davids, er ist der Christus, der Herr“ (Lk 2, 10 – 11).
Im Vordergrund steht links ein Dudelsackspieler und rechts eine Art Harlekin, die im Gegensatz zu den fröhlichen Hirten verunsichert wirken. Jesus, der „Retter“, wird eben nicht bei den Privilegierten, sondern zuerst den Menschen am Rand offenbart.
Von der Armut und Einfachheit der Hütte oder der Futterkrippe, in die das Kind gelegt wurde, ist hier wenig zu erkennen. Alles strahlt im Glanz, soll doch bezeugt werden, dass Gott in diesem Kind die Verheißung erfüllt, dass er sein Volk besuchen will, um ihm Erlösung zu schaffen (vgl. Lk 1, 68).
Es gäbe auch für den aufmerksamen Betrachter Grund genug, sich der Freude der Hirten anzuschließen und für das Entgegenkommen Gottes in Jesus zu danken.
Die Anbetung des Kindes durch drei Weise (nach Matthäus 2, 1 – 12)
Das Mittelbild zeigt die Anbetung und Verehrung des Kindes durch drei Weise aus dem Morgenland. Sie stehen bald für die bekannten Kontinente Europa, Afrika, Asien. Breitete sich doch das Christentum schon früh in Afrika, in Europa und in Asien aus.
Vor den Kind bekunden sie für die Welt, dass in diesem Kind der geboren wurde, wie es Paulus schreibt, „den Gott über alle erhöht hat und dem er einen Namen verlieh, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen und jede Zunge bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes, des Vaters“ (Phil 2, 9 – 11).
Erst im 2. Jahrhundert werden diese drei Weisen anhand ihrer Weihegaben personifiziert und zu Königen erklärt. Ihre Gaben symbolisieren sowohl ihr Herkunftsland als auch die Bedeutung des Kindes. So steht Gold (aus Europa) für den königlichen Messias, Myrrhe (aus Afrika) für das Jesus bevorstehende Leid, Weihrauch (aus Asien) für das göttliche Kind. Seit dem 5. Jahrhundert benennt man sie mit persischen Namen: Kaspar (= Schatzmeister), Melchior (= Gottesschutz) und Balthasar (= Lichtkönig). Manche Darstellungen symbolisieren auch drei Alterstufen des Lebens (seit dem 8. Jh.).
Ihre Gebeine sollen einer Legende nach von der heiligen Helena, der Mutter Konstantins entdeckt worden sein. Sie gelangten über Konstantinopel schließlich 1158 nach Mailand und wurden von Friedrich Barbarossa dem Kölner Erzbischof für seine Unterstützung 1164 geschenkt, so dass sie nach Köln kamen, wo sie in der alten Basilika aufgestellt wurden. Ende des 12. Jahrhunderts wurde für sie ein kostbarer Reliquienschrein erstellt, der im Chorraum des Kölner Domes steht. Die sich entwickelnde Wallfahrt gab den Anstoß, 1248 den Grundstein für den gotischen Dom zu legen, an dem man Jahrhunderte baute und der schließlich im 19. Jahrhundert vollendet wurde.
Im Altarbild des Annenaltars sind drei Könige dargestellt, wie es um die Zeit der Fertigstellung üblich war. Ihre Bedeutung wird durch ihre Begleiter erkennbar. Mit Fahnen, Standarten, Pferden und einem Kamel sieht man sie vor der im Hintergrund der Stadt Bethlehem. Ein Begleiter trägt die Fahne mit dem Kempener Wappen. Das Geschehen soll mit dem eigenen Umfeld verbunden werden. Maria, die das Kind auf dem Schoß trägt, trägt ein kostbares Gewand und ist damit den Königen ebenbürtig, während Josef eher in den Hintergrund tritt.
Links steht der junge afrikanische König, vor dem Kind kniet der alte König, der wohl für Europa steht und rechts geht mit beherztem Schritt der asiatische König mittleren Altars auf das Kind zu. Jeder bringt dem Kind seine Gabe.
Der Betrachter des Bildes wird einladen, sich ehrfürchtig und anbetend mit den Königen dem göttlichen Kind zu nähern. Ist in ihm doch der Erlöser und Heiland der Welt geboren, die Zuwendung Gottes für alle.
Die Weihe des Kindes im Tempel (nach Lukas 2, 21 – 40)
Das Bild weist auf die biblische Erzählung der Weihe Jesu hin. Sie findet hier in einem eher schmucklosen Raum statt. Alles ist einfacher als bei den anderen Bildern gestaltet. Vier Männer und Frauen sind zu sehen, also acht Personen, als wollte man schon hier auf die Auferstehung Jesu am ersten Tag der Woche, dem achten Tag, wie es in der Schrift heißt, hinweisen. Wer dem Tempel geweiht ist, gehört zum Volk Gottes an und hat damit Anteil an der Verheißung deren Erfüllung, Anteil aber auch an der Auferstehung. Das kleine Gefäß vorne in der Mitte will wohl an die Taufe erinnern, die diese Teilhabe an Gottes Heil auch begründet.
Im Vordergrund steht Josef mit der zur Weihe vorgeschriebenen Opfergabe (leider ist diese verloren gegangen). Maria hält ihr Kind dem priesterlich gekleideten Simeon hin, der es mit verhüllten Händen annimmt. Auch hier ein Hinweis auf die Göttlichkeit des Kindes, das diese verehrende Haltung bedingt. Simeon, der als gerecht und fromm galt, wartete hoffnungsvoll auf die Rettung Israels, wie es im Evangelium heißt. Der Geist selbst soll ihn in den Tempel geführt haben, als die Eltern Jesus zur Weihe brachten (Lk 2, 25 ff). Die vollzogene Weihe will zeigen, dass der Gottessohn nicht außerhalb des Gottesvolkes stehen will, sondern einer von uns sein möchte!
Rechts steht ein gut gekleideter Mann mit mürrischem Gesicht, als verstünde er nicht, was hier geschieht. Ist er am Ende die Verkörperung für die, denen der Glaube an den Messias Gottes in Jesus Christus verloren gegangen ist?
Der Betrachter sollte sich dagegen freuen, dass er durch Jesus Christus in der Taufe Anteil an dessen Leben und seiner Göttlichkeit hat.
Pfarrer Wolfgang Acht, Kempen
Stand der erste romanische Altar der Kirche dort, wo jetzt der Zelebrationsaltar steht, so wurde dieser aufgrund des veränderten liturgischen Verständnisses im Mittelalter in den Zenit des Chorraumes gelegt und mit entsprechenden Bildern der Heilsgeschichte ausgestattet. Darüber hinaus standen bis zur beginnenden umfassenden Renovierung ab 1860 noch weitere fünfzehn Altäre in der Kirche.
Seit der Liturgiereform des zweiten Vatikanischen Konzils (1962 - 1965) sollte das liturgische Geschehen die Gottesdienstgemeinde mit einbeziehen. Um den Mahlcharakter der Eucharistiefeier zu betonen, wurde der Altar wieder als Mitte verstanden, um die sich die Gemeinde Jesu Christi versammelt. Im Jahre 2009 konnte eine lange Erprobungszeit mit der Weihe des neuen Altars abgeschlossen werden.
Der Kempener Steinmetz Manfred Messing gestaltete aus schwedischem Granit exakt in der Blickachse unter dem Vierungsgewölbe und im Schnittpunkt der drei Antwerpener Altäre für den neu gestalteten Chorraum den jetzigen Zelebrationsaltar mit Ambo.
Der Altar, das Herz der Kirche, wächst gleichsam aus dem Boden. Er ist aus festem Stein, der den Eckstein Christus symbolisiert, wie es im 1. Petrusbrief heißt. Die Dreiteilung des Steins nimmt die Dreiteilung der Flügelaltäre auf. Der geteilte und doch zusammenstehende Stein verweist auf das Geschehen auf dem Altar. Hier wird das Brot, das Jesus Christus selbst ist, geteilt und ausgeteilt, damit alle als eine Gemeinschaft des Leibes Christi zusammenstehen.
Die zwei Einschnitte geben dem Steinblock eine sichtbare Transparenz. Die beiden goldenen Linien, auf- und absteigend, erinnern an die Einheit und Liebe, die alles zusammenhält und vollkommen macht, wie es Paulus im Kolosserbrief ausdrückt (Kol.3,14)
Der seitlich davorstehende Ambo aus gleichem Stein, von dem das Wort Gottes gelesen wird, korrespondiert mit dem Altar. Auch er erwächst wie eine Säule aus dem Boden.
Auszug aus dem Kirchenführer "Kirchen in der Thomasstadt Kempen"