Kunstwerk des Monats

Der Kreuzweg in der Kempener Propsteikirche

Die Geschichte des Kreuzweges


Die urchristliche Gemeinde von Jerusalem begann schon im 4. Jh. dem vermuteten Kreuzweg Jesu in Jerusalem nachzugehen. Der eigentliche Brauch entwickelte sich dort aber erst durch die Franziskaner im 14. – 15. Jahrhundert. Die Gläubigen von Jerusalem und die Pilger sollten zum Mitvollzug des Passionsweges Jesu angeregt werden. Für die Stationen stützte man sich auf biblisch bezeugte Hinweise, fügte aber später weitere besinnliche dazu, wie die legendäre Station  „Veronika reicht Jesus das Schweißtuch“. Gab es zuerst 12 Stationen, orientiert an der Zahl des neuen Bundes wurden es später vierzehn Stationen (2 x 7, sieben, eine heilige Zahl). Aber erst im 18. Jh. verbreitete sich der Brauch weltweit.
Inzwischen findet sich in moderneren Kreuzwegen eine 15. Station: „Der von den Toten auferstanden ist.“

Den Kreuzweg in der Kempener Propsteikirche gab der damalige Pastor Schlünkes in Auftrag. Die Bilder wurden vom Kirchenmaler Heinrich Lamers in der Zeit zwischen 1895 und 1910 auf Holz gemalt (Tafelgröße 130 x 100 cm). Eingeweiht und aufgehängt wurde der Kreuzweg im Mai 1910. Die vierzehn Stationen hängen im linken und rechten Seitenschiff.
Die vierte und achte Station des Kreuzweges haben wir ausgewählt, weil auf ihnen Motive der Stadt Kempen erkennbar sind.

 

4. Station: Jesus begegnet seiner Mutter

Von Schmerz gebeugt, trägt Jesus das Kreuz und sieht seine Mutter. Sie neigt sich ihm zu. Die Soldaten, die Jesus mit dem Kreuz vor sich her treiben, schauen skeptisch. Maria wird von zwei Frauen und dem Lieblingsjünger Johannes begleitet. Das Gebäude im Hintergrund erinnert an das Rathaus von Kalkar. Jesus wird zum Ausgestoßenen.
Das Bild ruft den  Betrachter dazu auf, an Jesu Leidensweg wie die Mutter Anteil zu nehmen und sich an sein Wort zu erinnern: „Wahrlich ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr mir nicht getan“ (Mt 25, 45).

 

8. Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen


Der das Kreuz tragende Jesus wirkt hier fast souverän. Er wird aber wird von Simon  von Cyrene unterstützt.  Jesus wendet sich den weinenden Frauen und ihren Kindern zu. Die Frauen werden von einem Begleiter mit Lanze deutlich zurückgewiesen. Die beiden Söhne des Simon, Alexander und Rufus schauen teilnehmend zu.
Jesus sagt laut der Schrift zu den Frauen: „Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder“ (LK 23, 28). Er bittet auch den Betrachter, sich mehr dem Leid und der Not der Mitmenschen anzunehmen, anstatt nur das Leid der Welt zu beweinen. Nicht rührselige Distanz, sondern aktive Anteilnahme ist gefordert.
Auf dem Bild ist im Hintergrund eindeutig das Kuhtor von Kempen zu erkennen. Das Kreuzweggeschehen soll damit in die Nähe des Betrachters und der in der Kirche betenden Gemeinde und  gerückt werden.

 

Die gestohlenen Figuren aus dem Kreuzaltar

Ein Kunstraub von Altarfiguren aus dem „Kreuzaltar“  

 

Die Bilder weisen auf einen Vorgang hin, der in den rheinischen Medien Mitte 2016 für Überraschung sorgte. Es wurde auf einen Kunstraub von 1969 in der Propsteikirche St. Mariae Geburt hingewiesen.

Vor 46 Jahren wurden aus der linken unteren Schnitzgruppe der Beschneidung Jesu die Mittelfiguren, weiterhin zwei Figuren aus dem mittleren Bild der „heiligen Sippe“ und zwei aus dem rechten Bild, dem Marienbegräbnis geraubt. Der Diebstahl wurde damals nicht bekannt gegeben, war es doch peinlich, den Raub aufgrund der nicht genug befestigen Figuren nicht verhindert zu haben. Zwei Jahre später, im Jahr 1971, entschloss man sich , die fehlenden Figuren durch den erfahrenen Schnitzer und Restaurator, Wilhelm Hable aus Meerbusch, kopieren zu lassen.

Dieser hat eine erstaunlich gute handwerkliche Arbeit geleistet. Es standen ihm für diese Arbeit nur Schwarzweißfotos der Schnitzgruppen zur Verfügung, nach denen er die fehlenden Figuren kopierte und die Farbgebung dem oberen Altarensemble anpasste. Jetzt, wo die Originale wieder aufgetaucht sind, erkennt man, wie gut die Kopien gelungen sind.

Viele haben den Verlust gar nicht richtig wahrgenommen.

Die Originale aus dem Jahr 1520 wurden im Februar 2016 im Klostergarten Maria Lach anonym in einer Tragetasche abgestellt. Durch vorgenommene Recherchen des Bundeskriminalamtes konnten die Originale den jeweiligen Orten im Rheinland, wo man sie gestohlen hatte, zugeordnet werden. Vor der anstehenden Renovierung wurden die Originale mit den Kopien in einer Ausstellung im Kramermuseum der Stadt Kempen ausgestellt.   Der Renovierung bedarf es, weil die Figuren stark verschmutzt und Farbteile abgesprungen sind.   Diese Arbeiten sind aufwendig, daher sucht die Propsteipfarre Spender für diese Arbeit. Nach der Renovierung sollen die Figuren wieder ihren angestammten Platz im Kreuzaltar finden.  

Die Fotos zeigen einmal die Originale in dem noch nicht restaurierten Zustand und die Kopien von Wilhelm Hable aus Meerbusch aus dem Jahre 1971.

Pfarrer Wolfgang Acht

Annenaltar - Das Weltgericht

Wenn in der Advents- und Fastenzeit die Altarflügel vor den Mittelteil des Altars geklappt werden, wird  das Bild vom „Weltgericht“ bzw. „Jüngsten Gericht“ sichtbar. Besonders im 12. Jh. wird es in plastischen Szenen über den Portalen der gotischen Kathedralen sowie Fresken innerhalb der Kirchen bestimmend. Das weltweit bekannteste ist das „Jüngste Gericht“ an der Stirnwand der Sixtinischen Kapelle, das Michelangelo 1541 vollendete.
Die Thematik ist nicht einer mittelalterlich furchteinflößenden Verkündigungspraxis geschuldet, sondern greift den Gerichtsgedanken der Schrift auf. Schon bei den Propheten findet sich dieser, dann in der Predigt Johannes des Täufers sowie bei Jesus. Beide rufen zur Umkehr auf und machen deutlich, dass Gott einst Rechenschaft von jedem verlangen wird. In den Gleichnissen vom „Unkraut im Weizen“ (Mt13, 24ff) oder vom „Weltgericht“ (Mt 25, 14 ff) wird das erkennbar. Es dürfte nicht verwundern, dass sich diese Bildthematik in der christlichen Kunst immer mehr durchsetzt.

Auf den rückwärtigen Altarflügeln des Annenaltar ist zu sehen:
    Oben in der Mitte der wiederkehrende Christus und Weltenrichter auf dem Thron, umgeben von Engel, die die „Leidenswerkzeuge“ der Passion tragen. Dem Thronenden ist links eine Lilie (Symbol für den Maßstab) und rechts ein Schwert (Symbol der Vollmacht zugeordnet.  Er weist mit seiner rechten, erhobenen Hand auf die hin, die zu den Auserwählten gehören dürfen  und mit der linken nach unten zu den Verworfenen.
    Neben ihm sind links und rechts die „Aufrechten“ / „Gerechten“ (Heilige und Apostel) zu sehen.
    Darunter rufen Engel mit Trompeten links die Toten vor den Thron und rechts werden die  „Verworfenen“ unterhalb einer brennenden Stadt von dämonischen Wesen in die Verdammnis geführt. 

In der Advents- und Fastenzeit soll durch dieses Bild der Umkehrgedanke betont und herausgefordert werden. Es bleiben bei der Schließung des Altars dennoch die Bilder von der Geburt Jesu, der Anbetung der Könige und der Weihe Jesu im Tempel sichtbar.
Durch die Menschwerdung Jesus werden wir zur Beziehung mit Gott ermutigt, aber auch herausgefordert. Wir sollen mit unserem Leben Konsequenzen aus dem Entgegenkommen Gottes ziehen und, übertragen gesprochen, wie er Mensch zu werden.

 

 

 

 

      

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