Am 17. September gedenkt die Kirche des ersten Maastrichter Bischofs Lambertus (635 – 705). Er, der das Opfer einer Blutrache wurde, war ein hoch geschätzter Mann und wurde vor allem in Belgien, aber auch am Niederrhein verehrt, so dass es im Antonius-Jakobus-Altar (Anfang des 16. Jh.) zwei große Schnitzbilder gibt, die ihm gewidmet sind.
Die Predella (so nennt man einen kunstvoll bemalten oder geschnitzten Unterbau eines [gotischen] Altars) enthält fünf Ölbilder auf Holz, die Szenen aus dem Leben dieses Bischofs zeigen.
Dieses Werk befindet sich heute in der Taufkapelle der Kirche. Es wurde dorthin gebracht, als es im 19. Jh. die Vorschrift gab, in jeden Altar einen Tabernakel und Kerzenbänke einzubauen, so dass dieses wertvolle Werk unter den großen Schnitzbildern des Altars entfernt wurde.
Folgende Bilder sind zu erkennen: Links tritt ein Bischof an den gedeckten Tisch eines vornehmen Mannes, dessen Gesicht an Kaiser Maximilian erinnert. In der Mitte wird die Ermordung des hl. Lambertus an einem Altar dargestellt. Rechts sieht man eine Kampfszene.
Darunter sind zwei Tafeln mit Bildern, die auf die Legende des hl. Lambertus zurückzuführen sind. Ein Bischof mit Gefolge wird von Mönchen an der Klosterpforte begrüßt. Daneben ist eine Innenraumszene zu sehen, die den Bischof inmitten von schs Männern zeigt. Die Bedeutung ist im Einzelnen nicht mehr zu erschließen.
Es ist erstaunlich, wie frisch die Farben aufgrund einer Renovierung oder Konservierung noch leuchten.
Wolfgang Acht
Lambertuspredella
Lambertus_Gesamt.jpg
Lambertus_oben_links.jpg
Lambertus_oben_Mitte.jpg
Lambertus_oben_rechts.jpg
Lambertus_unten_links.jpg
Lambertus_unten_rechts.jpg
Dieses spätgotische, künstlerisch hervorragende Chorgestühl aus Eiche, wurde von Johannes Gruter aus Wesel erstellt und 1493 im Chorraum aufgestellt. Weil neben der Kirche die Lateinschule stand, die heutige Burse, und dort auch viele Priester als Lehrer tätig waren sowie noch andere Vikare für die jeweiligen Altäre, von denen es 16 gab, war es erforderlich, für das gemeinsame Gebet und die Gottesdienste, den anwesenden Priestern eine geeignete - oder sollte man sagen angemessene - Sitzgelegenheit zur Verfügung zu stellen. Um die Priester im Chorgebet von den umlaufenden Pilgern im Chorumgang zu trennen, gleichzeitig aber den luftigen Chorumgang und dessen Lichtfülle nicht abzuschirmen, ist ein durchbrochenes Maßwerk über dem Gestühl erstellt worden, das auch die Vertikale betont. Heute nehmen dort der Zelebrant, die Messdiener, die Kommunionhelfer und Lektoren beim Gottesdienst Platz. So ändern sich die Zeiten.
Aber diese „Sitzgelegenheiten“ sind nicht nur künstlerisch, sondern auch humorvoll und hintergründig gestaltet. Sind in den oberen Wangen rechts die vier lateinischen Kirchenväter und links die vier „Rheinischen Marschälle“ dargestellt, so finden sich auf den Abschlusswangen vorne acht Engelfiguren, die das Wappen der Stadt Kempen sowie die Leidenswerkzeuge Christi zeigen. Reich gestaltet sind vor allem die Armstützen des Gestühls, die Bauern, Mönche und Tiere zeigen. Diese sind aber in verschiedenen humorvollen Posen gestaltet. Die Figuren (Drölerien genannt, französisch dróle = lustig) sind teilweise in derber Form zu sehen, so dass sie eventuell für die Chorherren sogar anstößig gewirkt haben könnten.
Die sogenannten „Miserikordien“, die als Stützsitze fungierten und den Betern bei langem Chorgebeten zur Entlastung dienten, erinnern an bekannte Sprichwörter und stellen eine augenzwinkernde Kritik an der Lebensführung und Frömmigkeit der Geistlichen dar. Da finden sich: eine Frau, die im Kamin ein Feuer entfacht, wohl ein Hinweis, bei Hineinblasen vorsichtig zu sein, ein Bauer mit Dreschflegel, der auf Eier losschlägt, was wohl eine Satire auf das „Eierdreschen“ entlehnt ist, ein Fuchs, der mit einem Kranich den Teller teilt, was dem Kranich aber nichts mehr übrig lässt, aber eben auch ein Fuchs und Kranich, wo die Speise in einem Krug steckt, so dass nur der Kranich fressen kann und vieles mehr. Es lohnt sich, in Ruhe diese Bilder bei einem Besuch der Kirche zeigen zu lassen. Es würde hier den Rahmen sprengen, sie alle zu benennen. Wolfgang Acht
Chorgestühl Details
Chorgestühl_3a.jpg
Chorgestühl_4a.jpg
Chorgestühl_5a.jpg
Chorgestühl_6a.jpg
Chorgestühl_7a.jpg
Chorgestühl_8a.jpg
Chorgestühl_9a.jpg
Chorgestühl_10a.jpg
Chorgestühk Details 2
Misericordien_8a.jpg
Misericordien_6a.jpg
Misericordien_2a.jpg
Misericordien_4a.jpg
Misericordien_14a.jpg
Misericordien_12a.jpg
Misericordien_10a.jpg
Rechts hinten in der Kirche; eine niederrheinische oder maasländische Arbeit aus Holz, von Peter van Wesel 1492.
Die Bezeichnung „Anna Selbdritt“ kommt vom mitteldeutschen Wort „selb“ = „zu“, also Anna zu dritt (auch ein Bild für drei Generationen).
Beliebt war die Darstellung, weil sie den Frauen, die sehnsüchtig ein Kind erwarteten, mit Anna eine Fürsprecherin zeigte, die ebenso auf ihr Kind – Maria – wartete und es schließlich noch empfing, obwohl sie als unfruchtbar galt.
Dieses Kunstwerk zeigt die Mutter Anna sowie ihre Tochter, die gekrönte Gottesmutter. Beide sind auf „Augenhöhe“ dargestellt, die gemeinsam das liegende Jesuskind auf ihren Armen tragen. Das Kind ruht fast schwebend über ihren Armen und Händen, eine Mischung von Verbundenheit und Unhabhängigkeit. Es trägt sich gleichsam selbst.
Das nur mit Windeln bekleidete Kind hält in seiner linken Hand eine Traube als Symbol für das bevorstehende Leid. Die Trauben werden in die Kelter zertreten und zeigen symbolisch, dass Jesus sich ganz am Kreuz hingibt. Am Ende fließen nur noch Blut und Wasser aus seiner Seitenwunde (vgl. Joh 19, 34).
Maria, die Mutter, kann die Traube nicht sehen. bekommt sie vom Kind doch lediglich eine Beere gezeigt.
Anna wirkt erhaben und ist groß dargestellt, Maria ist kleiner und jünger dargestellt. Beide Frauen sind miteinander verwoben, was hier zusätzlich durch den gleichen Kleiderstoff zum Ausdruck kommt (s. Blattmuster). Anna trägt einen Kopfschleier, wie es für eine verheiratete, jüdische Frau üblich und vorgeschrieben war, während Maria keinen Kopfschleier trägt, ist sie doch nur „verlobt“ und gilt als „jungfräulich“, also unverheiratet.
Das Kind spannt die Arme weit aus, was für das Tragen der Traube und Rebe nicht erforderlich wäre. Es weist mit den Armen auf die Kreuzhaltung und auf die zu erwartende Passion hin. Die Blicke der drei dargestellten Personen scheinen in die Ferne gerichtet.
Die Kerzen, die von vielen, besonders aber von Frauen, vor diesem Bild angezündet werden, verbinden sich mit dem himmelgerichteten Blicken von Anna und Maria und bringen das fürbittende Gebet der Gläubigen zum Ausdruck.
Das Fest der heiligen Anna feiert die Kirche am 27. Juli.
Wolfgang Acht