Wenn in unseren Kirchen eine Orgel erklingt, dann erhebt sie die Herzen der Gläubigen auf wunderbare Weise. Mal majestätisch Gottes Größe lobend, mal leise flehend das Gebet der Menschen unterstützend, mal in frohem Klang, weil es Feste des Lebens zu feiern gilt, mal in melancholischen Tönen, weil die Trauer uns das Sprechen versagt. Mit der Vielzahl ihrer Register und Pfeifen wird die Orgel zu einem Vorbild für alles menschliche Zusammenleben. Durch den strömenden Wind werden die einzelnen Pfeifen lebendig und ergeben jenen unverwechselbaren Klang des Instruments, das ganz unbescheiden die „Königin der Instrumente“ genannt wird. Vielleicht kommt die Bezeichnung auch daher, dass sie durch ihr Spiel in der Feier der Gottesdienste die Gemüter der Menschen ganz nah mit der Ewigkeit Gottes, mit seinem Himmel, in Berührung bringt. In der Kempener Propsteikirche ist eine 500-jährige Geschichte von Orgeln bezeugt. Davon zeugt das erhaltene und restaurierte zweitälteste Orgelgehäuse der Renaissancezeit in Deutschland und eine klingende Orgel, die Albiez Orgel, die über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist und sehr geschätzt wird. Die finanzielle Grundlage für dieses noch sehr junge Kunstwerk in der Propsteikirche legte Propst Johannes Hüskes, Pfarrer in Kempen von 1963 – 1973. In seinem Testament hinterließ er rund 300.000 DM für eine neue Orgel. Der Orgelbau- Verein besorgte die restlichen 200.000 DM. Die Disposition erstellten Viktor Scholz aus Mönchengladbach und Walter Damm aus Kempen in Verbindung mit dem Orgelbaumeister Winfried Albiez aus Lindau am Bodensee. Die Intonation, die Krönung des Orgelbaus, entscheidet über Erfolg und Misserfolg aller übrigen Arbeiten. Jede einzelne Pfeife wird nach Tonansatz, Klangfarbe und – stärke auf den Raum abgestimmt, entsprechend dem Klangbild, das der Erbauer schon bei der Gesamtplanung zugrunde gelegt hat. Das 44 Register zählende Kunstwerk ist in besonderer Weise auf französische Orgelmusik ausgerichtet. Organisten von Weltruhm rühmen dieses Werk. Die Orgel wurde am 22.September 1979 eingeweiht.
Propst Dr. Thomas Eicker
Heinz Wilhelm Wolters
Die Schönheit einer Orgel kann man am besten beurteilen, wenn man ihren Klang auch hört. Der Kempener Kantor und Organist Christian Gössel spielt eine Imrovisation über eine Melodie, die im Gotteslob unterlegt ist mit dem Text "Maria Mutter unseres Herrn".
Daher empfehlen wir Ihnen das nebenstehende Video!
Albiez - Orgel
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Im Buch Jesaja heißt es: „Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht“ (Jes 11, 1).
Dieses Wort wird im Bild unter der „heiligen Sippe“ dargestellt. Es ist dort Jesse, der Vater Davids zu sehen. In ihm ist der Ursprung des Davidsstammes biblisch bezeugt. Gilt doch David im Ersten Testament als die messianische Gestalt und als Urbild des verheißenen Messias.
Man erkennt den schlafenden Stammvater Jesse (Isai = „Mann Gottes“) unter dem Baldachin eines kostbaren Beduinenzeltes. Aus seinem Schoß wächst die „Wurzel Jesse“ hervor, die zu einem Baum wird, in dessen Zweigen die zwölf Könige aus dem Stamm Davids hervorgehen. Diese „Stammväter“ umranken das mittlere Bild des Annenaltars. Im linken Rankenwerk ist König David mit der Harfe zu erkennen. Die Spitze dieses Rankenwerkes zeigt die „Lebensfrucht“ des Davidstammes, das Christuskind auf dem Schoß Mariens. Maria reicht ihm eine Traube als Symbol für das bevorstehende Leiden. Wie die Traube in der Kelter zertreten wird, um den kostbaren Saft freizugeben, so wird Jesus am Kreuz mit seinem Blut allen Menschen die heilende Kraft der Erlösung schenken.
Wolfgang Acht
Das Zentralbild des Annenaltars stellt die „Heilige Sippe“ dar. In der Mitte der Gruppe erkennt man Maria und Anna mit dem Jesuskind. Dahinter und daneben stehen die drei Männer Annas (zwei links einer rechts). Josef steht rechts neben Maria. Maria trägt das Kind, das sich Anna zuwendet. Anna hat ein Buch in der Hand. Es soll darauf hinweisen, dass sie Maria und ihre weiteren Töchter in die Schrift eingeführt hat.
Anna, so will es die „legenda aurea“ wissen, soll dreimal verheiratet gewesen sein. Als ihr erster Mann Joachim starb, heirate sie dessen Bruder Kleophas und als dieser starb der Bruder Salomas. Der jüdische Brauch sieht vor, dass eine Witwe nicht alleine bleiben soll, sondern mit einem der unverheirateten Brüder vermählt wird, damit sie emotional und finanziell abgesichert ist.
Links und rechts der Gruppe sitzen deshalb die weiteren Töchter aus diesen Ehen mit dem Namen Maria. Diese hatten zwei bzw. vier Kinder. Sie sind vor ihren Müttern zu sehen. Zwei davon spielen ein niederrheinisch übliches Bügelspiel, bei dem sie ein Hund beobachtet. Es sind mit Jesus insgesamt sieben Kinder (Sieben ist eine heilige Zahl - eine Anspielung auf die sieben Tage der Schöpfung).
Das Bild der „heiligen Sippe“ soll deutlich machen, dass Jesus, der Retter und Erlöser zu einer jüdischen Familie gehört, also das Kind einer großen Familie wurde. Die Kinder sollen jeweils spätere Apostel gewesen sein. Es sind Johannes (der spätere Evangelist), Joseph genannt Justus, Jakobus der jüngere und Jakobus der ältere sowie Judas Thaddäus und Simon Kanaanäus. So werden die Apostel zu Vettern Jesu, steht doch in der Schrift, dass Jesus Brüder und Schwestern hatte (s. Mk 3, 32 ff – von den wahren Verwandten), diese folglich nicht die Söhne der jungfräulichen Gottesmutter Maria sein konnten.
Wolfgang Acht