Die Trias zentraler Heiliger am Sakramentshaus
Unter dem Ziergiebel des Sakramentshauses, innerhalb dessen die Figur eines gegeißelten Jesus steht, sitzen dem Chorumgang zugewandt Paulus (mit Buch und Schwert), zum Chorraum hin Petrus (mit dem Schlüssel), zum Kirchenschiff hin Maria mit Kind (als gekrönte „Himmelskönigin“). Die Figur Marias ist die einzige noch originale Sandsteinfigur.
Maria ist zentral zum Kirchenschiff angeordnet, ist sie doch die Pfarrpatronin der Kirche. Zudem weist sie durch das Kind auf ihrem Schoß auf den hin, der sein Leben für uns gab und als „Lamm Gottes“ leibhaftig im eucharistischen Brot sich immer neu verschenken will.
Petrus ist als der erste Pfarrpatron in Kempen (Patron der St. Petrus Kapelle, die um 1000 n. Chr. gebaut und im 12. Jh. erweitert wurde) dem Chorraum zugewandt. Sein Patronat wurde auf diese Kirche übertragen, die um 1200 errichtet wurde und die in ihrer heutigen Gestaltung Ende des 15. Jh. vollendet wurde. Petrus schaut auf den Chorraum, in dem die zentrale Feier der Christenheit, die Feier von Tod und Auferstehung vollzogen wird. Er war der zentrale Zeuge, der durch Jesus den Auftrag erhalten hatte, seine Brüder und Schwestern zu stärken. Ihm hat Jesus gesagt, dass er ihm und seinen Jüngern die „Schlüssel des Himmelreiches“ anvertrauen will, um die direkte Verbindung zwischen irdischen und überirdischen Leben für die Gemeinschaft der Glaubenden zu übergeben. So wird den Petrusdarstellungen immer als Attribut ein Schlüssel in die Hand gegeben.
Es dürfte kein Zufall sein, dass Paulus, der die Frohe Botschaft in die Welt hinaus getragen hat, hier dem Chorumgang zugewandt eingefügt ist. Denn durch den Chorumgang kamen die Pilger aus dem weiten Umfeld Kempens, die am Gnadenbild im Kirchenschiff vorbeigegangen waren. Er will ihnen gleichsam mitgeben, dass sie, wie er, die Frohe Botschaft in die Welt tragen sollen. Die Pilger konnten auch an der im Chorraum gefeierten Messe indirekt teilnehmen, sind doch die Gitter des Chorgestühls oben offen, so dass man von dort dem Geschehen lauschen konnte.
Wolfgang Acht