Kunstwerk des Monats

Der Figurenschmuck das Chorgestühls

Das spätgotische, künstlerisch wertvolle Chorgestühl aus Eiche, wurde von Johannes Gruter aus Wesel gefertigt und 1493 im Chorraum aufgestellt. Dieses Chorgestühl war wegen der Vielzahl an Altarvikale und Priester notweding. Letztere waren an der benachbarten Lateinschule, der heutigen „Burse“, als Lehrer tätig.

An den linken Wangen des Gestühls sind die sogenannten „rheinischen Marschälle“ zu sehen, die sich seit dem 15. Jh. in der Kirchenprovinz Köln großer Beliebtheit erfreuten. So sind an den Hochwangen Cornelius und Hubertus, an den Pultwangen Quirinus und Antonius der Mönchsvater zu erkennen.

Cornelius:

Cornelius (Papst im 3. Jh.), der Pfarrpatron von Tönisvorst, ist mit Papst-Tiara und einem Horn ausgestattet. Sein Name kommt von „cornu“, das Horn. Den Hirtenstab nimmt er mit einem umwickelten Tuch auf. So war es in der Kirche lange üblich, damit die kostbaren Stäbe nicht geschädigt wurden. Zugleich signalisierte es die Bedeutung des Papst- und Bischofsamtes.

Hubertus:

Gegenüber steht Hubertus, der erste Bischof von Maastricht (8. Jh.), der Pfarrpatron von St. Hubert. Er trägt Pontifikalkleidung und hält den Hirtenstab, von dem leider die Spitze abgebrochen ist. Ebenso hält er ein Buch. Zu Füßen steht sein Attribut, der Hirsch- In dessen Geweih soll Hubertus bei einer Jagd ein Kreuz gesehen haben , was ihn dann zum Glauben führte.

Antonius:

An den Pultwangen ist Antonius der Wüstenvater (2. Jh.) abgebildet. Er ist der Pfarrpatron von Tönisberg. Er ist mit Mönchskutte und einer Art Barett auf dem Kopf dargestellt. Ein Buch hält er in der rechten Hand, zudem eine Art Kette in der linken. Das Schwein zu seinen Füßen weist auf ein Privileg des nach ihm benannten späteren Antoniter-Orden hin, der wegen seiner Hospitzarbeit auch innerhalb der Stadt Schweine halten durfte, um die Kranken ernähren zu können. 

Quirinus:

Gegenüber steht Quirinus, der Legende nach ein römischer Tribun (2. Jh.), der in Rom das Martyrium erlitt. Er ist der Patron von Neuss. Quirinus trägt einen ritterlichen Plattenharnisch, einen Mantel und in der linken Hand ein Schild mit den üblichen neun Kugeln. Diese befinden sich nach heute auf dem Neusser Stadtwappen. In der rechten Hand hält er ein Sieges-Banner.

 

 

 

Weil Kempen zur kölnischen Kirchenprovinz gehörte, durften dessen „Marschälle“ in diesem Gestühl nicht fehlen. Diese „Marschälle“ sind auch am Sockel des Sakramentshauses zu sehen.

Die Marschälle von links nach rechts:

Augustinus, Bischof von Hippo
Ambrosius, Bischof von Mailand
Hieronymus
Gregor der Große

Die drei Kapitelle

Als diese Kapitelle bei der Renovierung 1992 von Titus Reinarz gestaltet wurde, war der politisch ausgerufene „Konziliare Prozess“ der 70er Jahre der Impuls zur Bildgestaltung. Durch die Kapitelle Verantwortung eines Jeden für den Erhalt der Welt neu bewusst gemacht werden. Dies entspricht durchaus der Botschaft des Evangeliums. Die Kapitelle stellen also eine Art bleibendes „Ausrufezeichen“ für die Gemeinde dar, dass immer wieder die Verantwortung des einzelnen deutlich macht.

 Die Bildgestaltung im Einzelnen:

Gerechtigkeit:

Es sind Köpfe von Menschen zu sehen, die auf die Aufgabe hinweisen, die Waage der Gerechtigkeit im Gleichgewicht zu halten. Die Ansammlung von Geld und Raketen stellt die Gefahr der drohenden Zerstörung dar. Weltweit müssen sich die Menschen um Gerechtigkeit bemühen. Nur so kann der Frieden gesichert werden. Der Schmetterling ist Zeichen dafür.

Frieden:

Eine blaue Taube mit einem Ölzweig wird zum Boten des Lebens für die Stadt. Ein zweiter Ölzweig schmückt das Rathaus und das Von-Nievenheim-Haus in Kempen. Ein Radfahrer ist zu sehen, ist doch das Fahrrad ist am Niederrhein universelles Fortbewegungsmittel. In diesem Kontext symbolisiert es die Wichtigkeit dessen, die Botschaft des Friedens zu den Menschen zu bringen.

Bewahrung der Schöpfung:

Früchte der menschlichen Arbeit erinnern an den langen Weg vom Samenkorn bis zur reifen Frucht. Zudem symbolisieren die Rosen die Schönheit der Schöpfung und unterstreichen die so die Wichtigkeit, diese Schöpfung zu bewahren.

Fresko der wichtigen Heiligen des Franziskanerordens

Dieses Fresko des 15. Jahrhunderts wurde vom Franziskaner Johannes Brugmann ( 1473) gestiftet, der aus Kempen stammte und hier ganz rechts abgebildet ist. Dargestellt sind die bedeutenden franziskanischen Heiligen: Franziskus, Klara, Bonaventura, Elisabeth von Thüringen, Antonius von Padua und Bernhardin von Siena.

Die Heiligen werden mit ihren jeweiligen Attributen gezeigt: Franziskus mit der hl. Schrift und dem Kreuz sowie mit Stigmata an Händen, Füßen und an der Seite. Damit ist er als großer Verehrer des Kreuzes Christi erkennbar. Die heilige Clara, die von Franziskus in seine Gemeinschaft aufgenommen wurde, gründet in seinem Namen den weiblichen Zweig des Ordens. Sie trägt ein Buch und auch eine Monstranz. Sie soll einer Legende nach den sarazenischen Belagerern vor Assisi erfolgreich mit einer Monstranz entgegen gegangen sein und so die Stadt vor der Zerstörung und der Plünderung durch die Feinde bewahrt haben.

 

Neben ihr steht der heilige Bonaventura. Er war der dritte Ordensobere des Franziskanerordens und gilt auch als ein bedeutender Kirchenlehrer. Manche wollen hier eher eine Darstellung Ludwig von Toulouse sehen. Selbstverständlich darf Elisabeth von Thüringen auf einem solchen Bild nicht fehlen. Sie wird mit einem Armen gezeigt, den sie gerade bekleidet, hat sie sich doch für Schwache und Arme engagiert. Es folgt Antonius von Padua, auch er mit einem Buch, der heiligen Schrift, soll doch Papst Innozenz III. nach einer Begegnung mit ihm und Franziskus gesagt haben, dass er eine „lebendige Bibel“ und Franziskus sein „Bischof“ sei. Es folgt nun die Darstellung des heiligen Bernhard von Siena, hier mit einem offenem Buch und einer Monstranz, mit den Buchstaben IHS, den Anfangsbuchstaben des griechischen Namens Jesus. Auf der linken Seite des Buches steht: „Ich habe ihnen deinen Namen geoffenbart“ (Joh 17, 6, auf der rechten Seite: „Completum est hoc opus anno 1493“, womit das Entstehungsjahr des Werkes angeben ist. Die Jahreszahl könnte sich aber auch auf die Vollendung des Chorumgangs beziehen, weil „opus“ ein Bauwerk und nicht ein Bild meint. Die Franziskaner selbst gründeten erst 1624 eine Niederlassung in Kempen.

Wolfgang Acht

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