Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 50/2018

Detailreiche Schätze

Bildband des Kirchenbauvereins Kempen soll für das Wesentliche öffnen: Schätze und Sanierungsbedarf

Die Außenmauern sind sanierungsbedürftig, aber die Schätze im Innern der Propsteikirche Kempen sind bis ins Detail sehenswert. Der Kirchenbauverein Kempen hat sie mit Fotograf und Kirchenführer Josef Lamozik in den Fokus genommen und ein Buch aufgelegt. In zweifacher Hinsicht ist die Veröffentlichung eine Punktlandung: Vor Weihnachten und vor dem Baubeginn kommt der übergroße Bildband heraus.

Foto: Dorothée Schenk

Frühmorgens mit Ostlicht ist die Illuminierung des Thomasfensters besonders schön – selbst wenn das Renaissance-Prospekt davor den Blick mindert. Im Mittagslicht strahlt die Kempener Madonna fast von selbst, und die Abendstimmung, wenn außen die Propsteikirche angestrahlt wird, hat einen ganz eigenen Charme. Bei aller Gelassenheit des Technikers ist spürbar, mit wie viel Zuneigung und Begeisterung Josef Lamozik bei der Materialsammlung für das Panoramabuch vorgegangen ist. So steht er auch schon mal morgens um 2 Uhr auf, wenn ihm eine neue Idee gekommen ist, wie ein Motiv interessanter, deutlicher werden kann. Das gilt etwa für das Foto „Der gläubige Mensch“ in Verbindung mit der Gedenktafel. Text und Figur gehen eine künstlerische Symbiose ein, die der Kirchenbesucher in St. Mariä Himmelfahrt in der Realität nie sehen wird, und lenkt so die Augen der Menschen über das gemeinhin Sichtbare hinaus. Oder rückt das Unscheinbare durchs Objektiv betrachtet ins Blickfeld, wie am Beispiel des Schlusssteins im Eingang erlebbar wird. Lamozik bringt auch schon mal Licht ins Dunkel: Immer gestört hat den ehrenamtlichen Kirchenführer in der Propsteikirche, dass die Wurzel Jesse schlecht erkennbar ist, „vor allem der schlafende Jesse, der die Wurzel umarmt hält“. Ausgeleuchtet und mit Raffinesse farblich abgesetzt, ist das Detail im Buch ein Hingucker. Die Balance zwischen fotografischem Handwerk und guten Kenntnissen im Computerprogramm Photoshop machen den Reiz aus. 300 Bilder, so erzählt der pensionierte Maschinenbauer, sind für das Prunkstück des Bildbandes entstanden: das Panorama des Innenraums. „Das ist eine besondere Herausforderung, Leidenschaft und fast ein mathematisches Problem.“ Aus mehreren Einzelbildern fügt sich schließlich das große Ganze: Einbezogen werden muss die Beibehaltung der Perspektive ebenso wie die der Lichtverhältnisse. „Der Aufwand ist in Zeit nicht messbar“, sagt er schmunzelnd – und darum eigentlich auch nicht mit Geld zu bezahlen. Dennoch ist ein Preis festgelegt: 89,– Euro kostet der Hochglanzband, der in einer Mini-Auflage von 20 Stück in der Erstauflage erschienen ist. Kassierer Franz Steier ist in Vorkasse gegangen und war vorsichtig, ließ aber wissen, dass die zweite Auflage bereits geordert sei. Vize-Kirchenbauvereins-Vorsitzender Georg Kaiser ergänzt, dass für Interessierte nur fünf Arbeitstage zwischen Bestellung und Auslieferung liegen, sollten alle Exemplare vergriffen sein. Pünktlich für Heiligabend kann also ge-gebenenfalls noch geordert werden. Außerdem gibt es eine „Kleinausgabe“ in DIN-A-4, die dieselben Motive enthält, zu 15,– Euro – spiralgebunden und selbstredend mit Verlust des Panorama-Effekts. Südfassade ist sanierungsbedürftiger als erwartet „Wir wollen noch einmal auf die Schönheiten aufmerksam machen“, sagt Joachim Minten. Die Motivation gibt der engagierte Kirchenbau-Vorsitzende auch unumwunden zu: Es geht ums Geld. Einerseits wird der Reinerlös des Bildbandes in die satzungsgemäß verbriefte Aufgabe zur Erhaltung der Propsteikirche fließen, andererseits soll sie potenziellen Spendern vor Augen führen, welches kirchliche Kleinod finanzielle Unterstützung benötigt. Und die ist erheblich: Die in die 500er Jahre gekommene Kirche hat rundum Sanierungsbedarf. Um die zwei Millionen Euro wird die Gesamtmaßnahme wohl kosten. Genau festlegen möchte Minten sich da nicht. Das sind rund 700000 Euro mehr, als ursprünglich angenommen. Der Grund: Die Südfassade, von der angenommen worden war, dass Schönheitsreparaturen für den Moment ausreichend seien, hat sich bei genauer Beschau per Hubsteiger durch den Gutachter als ebenfalls dringlich erwiesen. „Das hat keine fünf Jahre mehr Zeit.“ Ob die Rechnung allerdings aufgeht, hängt noch ein wenig vom Bistum ab, das Mitfinanzier ist. Hier müssen die Mittel für die erweiterte Baumaßnahme freigemacht werden.    Drei Jahre Bauzeit Drei Jahre lang – so der Plan – soll die Instandsetzung dauern. Das ist ein ehrgeiziges Unterfangen. Schließlich hat die letzte Sanierung in den 1980ern zehn Jahre gedauert. Schon in den nächsten Wochen sollen das Gerüst aufgebaut und die Arbeiten an Turm und Westfassade begonnen werden. Eile ist geboten, die Arbeiten können nur bei gutem Wetter stattfinden. Das heißt aller Regel nach von Mitte März bis Ende Oktober. Den Anfang machen Turm und Westfassade im kommenden Jahr, 2020 soll dann die Nordfassade folgen und als dritter Bauabschnitt 2021 Chor und Südfassade. Hier steht allerdings noch die letzte Zusage des Bistums Aachen aus, ob die Mittel zur Verfügung stehen, da es einen Teil der Kosten übernimmt. „Ich bin optimistisch, dass die kommende Sanierung 50 Jahre Bestand hat“, gibt sich Kirchenbau-Vereinsvorsitzender Joachim Minten zuversichtlich.

Dorothée Schenk

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